Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft

Prof. Dr. Marcel Tyrell

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Zeiten des Umbruchs den Mut zur Kooperation zu haben, kann ein gewagtes Unterfangen sein. Und trotzdem könnte es gerade in solchen Zeiten die richtungsweisende Reaktion sein, die Familienunternehmen an den Tag legen sollten. Denn Familienunternehmen sind in besonderem Maße prädestiniert dafür, die Risiken, die sich aus dem Umbruch ergeben, durch Kooperation zu überwinden.

 

Welcher Art sind die Umbrüche, die man heutzutage zu gewärtigen hat? Zum einen sind es geopolitische Umbrüche. Die politischen Ereignisse der letzten Jahre haben alte Gewissheiten ins Wanken gebracht und die Machtbalance im internationalen politischen Beziehungsgeflecht verändert. Zunehmender Isola­tionismus und nationalistische Tendenzen auf der politischen Ebene haben zu neuen Risikostrukturen geführt, die Unternehmen erfassen und verarbeiten müssen. Umbrüche zeichnen sich ab, die von unternehmerischen Entscheidungen begleitet und auch geformt werden sollten. Absatzmärkte können aufgrund dieser Entwicklungen plötzlich wegbrechen beziehungsweise die Spielregeln des Wettbewerbs sich grundlegend ändern.

 

Weiterhin hat sich das makroökonomische Umfeld unternehmerischer Aktivität dauerhaft gewandelt. Niedrige Zinsen und die damit einhergehende strukturelle Neugestaltung der Geld- und Fiskalpolitik haben die Rahmenbedingungen unternehmerischer Entscheidungen fundamental verändert. Dies betrifft nicht nur die finanzwirtschaftlichen Entscheidungen von Unternehmen, sondern auch die Aufgaben- und Rollenverteilung zwischen staatlicher und privatwirtschaftlicher Aktivität. Wer glaubt, dass diese Umbrüche nur vorübergehender Natur sind, irrt meines Erachtens. Wir haben es hier mit einer Neujustierung zu tun, die ihre Ursachen auch in der weitreichenden Digitalisierung nahezu aller wirtschaftlichen Aktivität hat.

 

Und hier kann man die dritte Umbruchlinie nachzeichnen. Die durch immense Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologie getriebene zunehmende Digitalisierung fast aller Lebensbereiche stellt natürlich auch die Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen. Tradierte Geschäftsmodelle sind oftmals überholt, Führungsstile müssen sich verändern, die Organisationsstruktur und Personalpolitik der Unternehmen muss sich anpassen, um nur einige Umbrüche auf dieser Ebene aufzuzeigen. Dies alles zu leisten, erfordert Mut und Kooperationswillen.

 

Warum sind gerade Familienunternehmen im Grundsatz sehr gut aufgestellt, um diese Zeiten des Umbruchs nicht nur zu überstehen, sondern auch zu gestalten? Weil sie schon immer Spezialisten im Kooperationsmanagement waren. Familienunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie kooperativ im Umgang mit den verschiedenen Anspruchsgruppen agieren. Sie mussten, um langfristig erfolgreich zu sein, das komplexe Geflecht von Unternehmen, wirtschaftlicher Aktivität und Unternehmerfamilien managen können, eine Aufgabe, die insbesondere in Umbruchszeiten sehr herausfordernd ist. Und dies gelingt auch in Zukunft nur durch das Ausloten der Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation.

 

Wir wünschen Ihnen und dem Kongress viel Erfolg dabei und zwei anregende und herausfordernde Tage. 

Prof. Dr. Marcel Tyrell